Nach jahrzehntelangen erbitterten Auseinandersetzungen wurden die Rodungspläne gestoppt und im Clayoquot Sound eines der größten Waldschutzgebiete Nordamerikas ausgewiesen.
Ein Blick zurück: Sommer 1993. Auf Vancouver Island und der restlichen kanadischen Pazifikküste tobt seit Jahren ein erbitterter Kampf um die dort noch großflächig vorhandenen Küstenurwälder. Die Waldtäler an der kanadischen Westküste mit bis zu tausend Jahre alten Bäumen sind Heimat indigener Gemeinschaften und Lebensraum seltener Tierarten wie dem so genannten Kermode-Bär, einer Unterart des Schwarzbären. Er hat weißes Fell, ist weltweit einzigartig und kommt nur in dieser Region vor.
Auf der einen Seite kämpfen Holzgiganten wie MacMillanBloedel, die sich teils auf rechtlich umstrittene und unter dubiosen Umständen zustande gekommene Abholzungskonzessionen oder Optionen für weitere Konzessionen berufen. Auf der anderen Seite eine kaum zu überblickende Allianz aus klassischen Naturschutzorganisationen wie dem Sierra Club, lokalen Bürgerinitiativen, Greenpeace und Initiativen der indigenen Bevölkerung des Gebietes, unterstützt durch Künstler und Aktivisten aus der ganzen Welt. Mitten im Abholzungsgebiet bildet sich das zeitweise von mehreren Tausend Aktiven dauerhaft bewohnte Peacecamp als Zeltstadt, von dem aus Blockadeaktionen, Demonstrationen und Umweltbildungsarbeit geplant wird. Jeden Morgen werden die in die Urwälder einrückenden Holzfäller blockiert, Polizeieinsätze sind an der Tagesordnung. Allerdings ist die Rechtslage für die Holzkonzerne kompliziert und unsicher, daher werden die Aktionen von der Polizei meistens nicht verhindert. Immer wieder kommt es aber auch zur polizeilichen Räumung von Blockaden.
Jetzt sind 85 Prozent des Great-Bear-Regenwaldes und damit eine Waldfläche in etwa so groß wie Belgien vor Abholzung sicher. Die Regierung von British Columbia gab gemeinsam mit Vertretern von mehr als 20 indigenen Gemeinschaften, Forstunternehmen und den Umweltorganisationen ForestEthics, Sierra Club British Columbia und Greenpeace im Februar 2016 den weitgreifenden Schutzplan bekannt: Auf mehr als drei Millionen Hektar bewaldeter Landfläche wird zukünftig kein industrieller Holzeinschlag mehr stattfinden. Weitere 550.000 Hektar des Great-Bear-Regenwaldes unterliegen strengsten rechtlichen Auflagen für kommerziellen Holzeinschlag. Die indigenen Gemeinschaften erhalten mehr Mitbestimmungsrechte in ihren Gebieten.
Der einst stark von Abholzung bedrohte Great-Bear-Regenwald ist einer der größten noch verbliebenen gemäßigten Küstenregenwälder der Welt. „Dieses Abkommen ist weltweit beispielgebend für Waldschutz, die Berücksichtigung der Rechte von indigenen Gemeinschaften und den Kampf gegen den Klimawandel“, so Greenpeace. Seit knapp zwei Jahrzehnten setzen sich die Umweltschützer für den Erhalt des kanadischen Regenwaldes ein.
Infolge einer Protestwelle in Deutschland übten Ende der neunziger Jahre auch deutsche Papierhersteller und Zeitschriftenverleger Druck auf ihre kanadischen Handelspartner aus. Zahlreiche deutsche Kunden drohten mit Kündigung ihrer Lieferverträge mit Forstfirmen, die an der Zerstörung des Great-Bear-Regenwaldes beteiligt waren. Greenpeace-Aktivisten in Deutschland hatten unter anderem zusammen mit Vertretern der Nuxalk First Nation und der Aktivistinnen-Gruppe „Wütende Großmütter“ protestiert, um auf die Mitverantwortung deutscher Unternehmen aufmerksam zu machen. Ein Totempfahl im deutschen Greenpeace-Büro erinnert noch heute an diese Proteste. Die Nuxalk hatten diesen damals bei ihrem Besuch in Deutschland geschnitzt und als Mahnmal und Zeichen der Verbundenheit übergeben.