"Einzelboxenhaltung in beheizten Stallungen kommt dem eigenen Bedürfnis nach Komfort entgegen und es wird vergessen, welche Bedürfnisse das Pferd an seine Haltung stellt: Bewegungsfreiheit, Sozialkontakte, Licht, Luft und Klimareize, sowie beinah ständige Verfügbarkeit rohfaserreichen Futters. Die konsequente Nichterfüllung dieser Grundbedürfnisse hat zu zahlreichen „Zivilisationskrankheiten" und Verhaltensstörungen geführt, die in vielen wissenschaftlichen Arbeiten untersucht worden sind. Sie belegen den schädlichen Einfluss von nicht artgemäßer Pferdehaltung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pferde". Dissertation Fakultät für Tiermedizin, LMU München (Barbara Szivacz)
Wie beispielsweise Barbare Szivacz in ihrer Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität deutlich und drastisch nachgewiesen hat, vermenschlichen viele Besitzer ihr Pferd und fügen ihm damit enormes Leid zu und sind für zahlreiche haltungsbedingte Folgeerkrankungen verantwortlich. Denn dadurch, dass Pferd als Partner (oder Partnerersatz) zu sehen, sind wir verführt, seine Lebensbedingungen und Bedürfnisse mit menschlichen Hintergrund zu beurteilen. Verwirrend ist dabei auch, dass oft unterschiedliche und unscharfe Bezeichnungen für die einzelnen Haltungsformen verwendet werden und so grob tierschutzwidrige Defizite leicht verschleiert werden können.
Beispiel: Aussenfenster. Aussenfenster müssen grundsätzlich ständig geöffnet sein, um ihre Funktion zu erfüllen und grob gesundheitsgefährdende Konzentrationen von Heustaub, Ammonikal und anderen Schadgasen zu verringern. Sind sie zum Beispiel im Winter geschlossen und keine andere Lüftung verfügbar, liegen tierschutzwidrige Zustände vor.
Eine artgemässe Haltung muss dem Pferd selbstverständlich die Befriedigung folgender Grundbedürfnisse ermöglichen:
• Ruhe
• Bewegung
• Nahrungsaufnahme
• Sozialverhalten
Die fehlende bzw. mangelhafte Befriedigung von essentiellen Bedürfnissen führt unweigerlich zu Übererregung und chronischem Stress, was bei disponierten Pferden schliesslich dazu führt, das eine Verhaltensstörung entsteht. (Pirkelmann 2008 ).
Haltungsbedingte Erkrankungen und Verhaltensstörungen
Eine besonders in schlecht geführten und / oder baulich ungeeigneten Boxenställen extrem häufige haltungsbedingte Krankheit sind akute und chronische Erkrankungen des Atmungsapparates auf. Häufig sind dabei nicht-infektiöse haltungsbedingte Ursachen entscheidend, wie Staub, Schadgase aus der Zersetzung der Einstreu und extrem hohe Luftfeuchtigkeit der Atemluft. Dieser Komplex schädigt nicht nur die empfindliche Pferdelunge unmittelbar, sondern wirkt auch als Vektor für Bakterien, Pilze und Viren. Als Symptome treten zum Beispiel Husten, Atemnot und Nasenausfluss auf. Als lebensbedrohende und oft zur frühzeitigen Tötung führendes Endstadium treten schließlich die chronisch-obstruktive Bronchitis und diverse Neben- und Folgeerkrankungen auf .
Bei einer wissenschaftlichen Untersuchung wurden die Haltungsbedingungen von Pferden untersucht, die wegen derartiger Erkrankungen in einer Tierklinik behandelt wurden: Ein hoher Prozentsatz der Ställe wiesen entsprechende Mängel auf .
Auch für viele Formen chronischer Lahmheiten wurden schon Zusammenhänge zu zu geringer Bewegung identifiziert . Unter natürlichen Bedingungen bewegen sich Pferd bis zu 15 Stunden täglich im Schritt und nehmen dabei meistens kleine Mengen ernergiearmer Nahrung auf.
Leider tauchen derartige Aussagen und Empfehlungen in der tiermedizinischen Literatur für Laien, also Pferdebesitzer und Stallbetreiber, eher selten auf, was Unwissenheit, Ignoranz und das damit verbundene Leiden der Pferde immer weiter vorantreibt. (co)